Was steckt genau hinter Age-Friendly-City?

Age-friendly City heißt eigentlich:  Age-friendly Cities and Communities, also altersfreundliche Stadt und Kommunen und ist ein Globales Netzwerk der Weltgesundheitsorganisation (WHO), das 2010 gegründet wurde. Die Kurzfassung ist eben Age-friendly City (AFC). Wobei mir als Übersetzung lieber ist: Alters- und generationenfreundliche Stadt. Aber dazu später mehr. 

Um zum globalen Netzwerk dazuzugehören, verpflichten sich die Mitgliederstädte lediglich, den Bedürfnissen älterer Menschen erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken. Beitreten kann jede Stadt und Gemeinde.

Aktuell sind 1000 Städte und Gemeinden in 41 Ländern Mitglied im Netzwerk. Bei den Städten sind das z.B. London, New York, Melbourne – und Radevormwald in Nordrhein-Westfalen. Bis vor kurzem als einzige Stadt in Deutschland. Inzwischen hat sich aber auch Münster auf den Weg gemacht. Und Kanada ist als gesamte Nation dabei.

Aus Erfahrung voneinander lernen

Den Mitgliedern geht es um einen weltweiten Austausch von Beispielen aus der Praxis – und zwar positive genauso wie negative. Frei nach dem Motto: Aus Erfahrungen voneinander lernen!

Die konkreten Maßnahmen der einzelnen Städte werden in einer Datenbank hochgeladen, die für jeden einsehbar ist.

Auch Hamburg wollen wir zur Age-friendly City machen, so stand es auch in unserem grünen Wahlprogramm. Aber klar, Politik bedeutet Kompromisse eingehen und so wurde im Koalitionsvertrag vereinbart:

Unser Demografiekonzept entwickeln wir im Sinne einer age-friendly City weiter zu einem quartiersorientierten Aktionsplan, der behördenübergreifend umgesetzt wird. …Im Fokus sollen barrierefreies Wohnen und Mobilität, die Nahversorgung sowie die gesundheitliche und pflegerische Versorgung im Stadtteil stehen. Online Plattformen und Treffpunkte im Stadtteil sollen zur besseren Vernetzung von Nachbarschaftshilfen beitragen. 

Ein guter Anfang, finde ich!

Schwerpunkte der Altersfreundlichkeit

Inhaltlich entscheidet jede Stadt oder Gemeinde selbst, worauf sie den Schwerpunkt der Altersfreundlichkeit legen will, z.B. auf:

  • Neue Quartierskonzepte, die auf nachbarschaftliche Unterstützung setzen und auf ambulante Versorgung. Skandinavische Länder oder die Niederlande machen es vor, wie das gehen kann (siehe z.B. den ambulanten Pflegedienst Buurtzorg oder Gemeindeschwester+).
  • Ausreichend Grünflächen, die zu Fuß erreicht werden können, mit kostenlosen Sportangeboten, 
  • Gut beleuchtete Fuß- und breite Radwege, längere Ampelphasen (z.B. durch individuelle Chips, die die Ampelphasen verlängern für Menschen, die nicht so gut zu Fuß oder mit dem Rollstuhl unterwegs sind). Solche Ampeln machen z.B. in der Nähe von Altenheimen und Krankenhäusern Sinn. 
  • Pflege-Wohngemeinschaften anstelle von großen Heimen, die individuelle Betreuung gewährleisten, Mehrgenerationenhäuser oder flexible Wohneinheiten, die man nach Bedarf vergrößern und  verkleinern kann, so dass ältere Menschen in kleinere Wohnungen umziehen können, wenn sie keine große Wohnung mehr brauchen und dabei Kosten sparen  
  • Begegnungsstätten, an denen man nicht konsumieren muss, so dass auch Menschen mit wenig Geld teilnehmen können 
  • Konzepte gegen Einsamkeit und bessere Gesundheitsversorgung
  • Digitale Unterstützung in Form von Tablet-Ausleihen, freiem WLAN oder Schulungen
  • Informations-Zentren für Senior*innen in den Quartieren mit den immer gleichen Ansprechpersonen
  • Vorschläge für barrierefreie Gesundheitsspaziergänge und die Organisation von Lauf-Gruppen
  • Altersfreundliche Bänke, die nicht nur in Parks stehen, sondern auf den täglichen Wegen, für mehr Mobilität
  • Barrierefreiheit in Wohnungen, Verkehrsmitteln, kulturellen und öffentlichen Einrichtungen

Der Mehrwert von AFC

  • Wir bündeln alle vor Ort bereits existierenden Maßnahmen.
  • Wir haben einen Modernisierungsschub für Seniorenpolitik, der dem  Babyboomer-Generationenwechsel gerecht wird.
  • Wir sind international vernetzt über die WHO. 
  • Grundlage ist das, was in den Städten und Kommunen schon existiert.
  • Wir haben ein internationales Label, das aufwertet.
  • Die Maßnahmen erleichtern nicht nur Älteren das Leben, sondern genauso anderen Bevölkerungsgruppen wie z.B. Eltern von kleinen Kindern oder Menschen mit Behinderungen.


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7 Kommentare

  1. Elfriede Brinker-Meyendriesch

    Vielen Dank für diese Initiative und ihre Erläuterungen. Nun muss es neben der Politik ja auch berufliche Fachkräfte gegen, die diese guten Absichten in die Realität bringen. Da verweise ich auf die Möglichkeiten, sich mit erweiterten heilkundlichen Kompetenzen als Pflegefachkraft einzubringen und erweiterte heilkundliche Verantwortung zu tragen. Diese Kompetenzen erlauben sehr viel mehr Selbstständigkeiten in bestimmten Bereichen, die auch AFC betreffen werden: Menschen aller Altersstufen mit Demenz, Schmerzen, Diabetes und weiteres. Nun gilt es, diese neuen Bildungsmöglichkeiten nach § 14 PflBG auch anzubieten, dafür zu sorgen, dass daran teilgenommen werden kann und Teilnehmende für AFC zu interessieren. Ich bin sicher, dass das Interesse sehr groß sein wird. Ich meine, die Möglichkeiten, heilkundliche Kompetenzen zu haben und ggf. einzubringen, ist ein Baustein für AFC in der Kommune.
    Mit Grüßen Prof. em. Dr. paed. Elfriede Brinker-Meyendriesch

    Antworten
    • Angela Fechner

      Ja, selbstständig agierende Pflegefachpersonen können einen großen Unterschied in den Quartieren machen. Viele Prozesse lassen sich vereinfachen, wenn nicht zu jedem Anlass eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden müssen. Beispielsweise bei Diabetes oder Wundversorgung kann ein Großteil der Behandlungen durch Pflegekräfte erfolgen. Eigene Pflegesprechstunden wären ein großer Gewinn für Ältere und chronisch Kranke im Quartier. Die Schaffung des Berufsbildes der Community Health Nurse (CHN) steht auch im Koalitionsvertrag auf Bundesebene. Um diesen Beruf zu etablieren, sind allerdings noch Gesetzesänderungen nötig.

      Antworten
  2. Brigitte Stumm

    Sehr geehrte Frau Moeller-Metzger!
    Mir gefällt der WHO Ansatz age-friendly cities sehr gut. Können Sie mir AnsprechpartnerInnen in Berlin nennen, die sich an diesem Projekt der WHO beteiligen?
    Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen Brigitte Stumm

    Antworten
    • Angela Fechner

      Liebe Frau Stumm, das mache ich sehr gern.
      In Berlin kümmert sich Marianne Wagner darum, dort will sich der Bezirk Steglitz-Zehlendorf auf den Weg machen.
      Herzliche Grüße, Christa Möller-Metzger

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